Nicht jeder Satz muss
zu totalem Muskelversagen führen!
In
meiner Anfangszeit als Trainer war ich der Meinung, dass jeder Satz zum
Muskelversagen führen muss, um einen bestmöglichen Trainingseffekt zu erzielen.
Über
die letzten Jahre habe ich jedoch festgestellt, dass man mindestens genauso
gute Ergebnisse erzielt, wenn man kurz vor dem Muskelversagen aufhört. Der
Muskel braucht keinen 100%igen Reiz, um stärker oder größer zu werden. Je nach
Trainingsstand des Athleten reicht ein Reiz zwischen 70 % - 90 % des maximal Möglichen, um Muskelwachstum bzw. einen Kraftzuwachs zu erreichen.
Auch
wenn das Training bis zum Muskelversagen einen hohen Reiz auf den Muskel
bewirkt, wird auch das zentrale Nervensystem (ZNS) stark belastet. Das ZNS
benötigt, wie die Muskulatur auch, nach der Belastung eine gewisse Zeit, um sich
wieder zu erholen. Wird das ZNS beim Training zu stark gefordert, steigt die
benötigte Erholungszeit rapide an. Die Muskulatur erholt sich im Regelfall
schneller als das ZNS. Trainiert man immer weiter auf ein bereits ermüdetes ZNS,
stagnieren die Trainingserfolge sehr schnell und der Körper wird überfordert. Im
Extremfall kann es sogar zu Übertraining führen.
Überfordern
wir das ZNS nicht im Training, verkürzt das die Regenerationszeit, und wir
können schneller den nächsten Trainingsreiz setzen. Das Motto lautet also: „Lieber
öfter statt härter“. Hierdurch sind nach meiner Erfahrung größere
Leistungssteigerungen möglich als durch ein Training bis zum totalen
Muskelversagen in jedem Satz und der damit nötigen längeren Pause zwischen den
einzelnen Trainingseinheiten.
Da
die meisten meiner Athleten das Krafttraining nicht aus Selbstzweck betreiben,
sondern um in ihrem Sport besser zu werden, sollten sie auch nach dem „Lift“
noch in der Lage sein, das Training ihrer Sportart ausüben zu können.
Meine
Herangehensweise ist daher: Starte mit einem noch relativ leichten Gewicht und
steigere das Gewicht von Satz zu Satz. Das sind zunächst unsere Warmupsätze.
Wie viele Warmupsätze wir ausführen, hängt von der jeweiligen Übung ab. In der
Regel sind das 1 – 3 Sätze. Nach dem Aufwärmen muss das Gewicht über der
Schwelle von 70 – 90 % des maximalen Gewichts für die geforderten
Wiederholungen liegen. Bei kompletten Anfängern reichen hier die 70 %. Bei bereits
fortgeschrittenen Athleten gehe ich recht schnell an die 90 % als Startgewicht heran.
Auch hier versuche ich das Gewicht von Satz zu Satz zu steigern.
Als
Beispiel nehmen wir an, wir möchten drei Sätze Bankdrücken ausführen. Das
maximale Gewicht, mit welchem wir sauber die geforderten Wiederholungen
schaffen, liegt bei 100 kg. Dann würde ich den ersten Satz mit 90 kg beginnen,
beim Zweiten auf 95 kg steigern und den letzten Satz mit 100 kg ausführen.
Wichtig
ist mir hierbei, dass der Athlet das Gewicht so wählt, dass er die vorgegebenen
Sätze und Wiederholungen sauber und ohne Hilfe bis zum Ende durchführen kann. Er
sollte keine Wiederholung beginnen, wenn er bereits vorher das Gefühl hat diese nicht sauber zu Ende führen zu können.
Das
bedeutet in keinster Weise, dass wir nicht schwer trainieren sollten. Wir
müssen in unserer Trainingsplanung allerdings schlau vorgehen, um einerseits einen möglichst
hohen Reiz auf unseren Körper zu setzen, ohne andererseits die nachfolgende Regeneration
unnötig zu verlängern. Der hier beschriebene Ansatz hat sich nach meiner
Erfahrung gut bewährt.
Training
bis zum totalen Muskelversagen und erzwungene Wiederholungen können ab und an
als Intensitätsmethode verwendet werden, sollten meiner Meinung nach allerdings
nicht dauerhaft angewendet werden.
Eure
Meinung und Erfahrungen hierzu interessieren mich ebenfalls. Gerne könnt ihr mir
diese als Kommentar zukommen lassen.
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