Freitag, 31. Mai 2013

Weniger ist manchmal mehr! (Teil 1)

Nicht jeder Satz muss zu totalem Muskelversagen führen!

In meiner Anfangszeit als Trainer war ich der Meinung, dass jeder Satz zum Muskelversagen führen muss, um einen bestmöglichen Trainingseffekt zu erzielen.

Über die letzten Jahre habe ich jedoch festgestellt, dass man mindestens genauso gute Ergebnisse erzielt, wenn man kurz vor dem Muskelversagen aufhört. Der Muskel braucht keinen 100%igen Reiz, um stärker oder größer zu werden. Je nach Trainingsstand des Athleten reicht ein Reiz zwischen 70 % - 90 % des maximal Möglichen, um Muskelwachstum bzw. einen Kraftzuwachs zu erreichen.

Auch wenn das Training bis zum Muskelversagen einen hohen Reiz auf den Muskel bewirkt, wird auch das zentrale Nervensystem (ZNS) stark belastet. Das ZNS benötigt, wie die Muskulatur auch, nach der Belastung eine gewisse Zeit, um sich wieder zu erholen. Wird das ZNS beim Training zu stark gefordert, steigt die benötigte Erholungszeit rapide an. Die Muskulatur erholt sich im Regelfall schneller als das ZNS. Trainiert man immer weiter auf ein bereits ermüdetes ZNS, stagnieren die Trainingserfolge sehr schnell und der Körper wird überfordert. Im Extremfall kann es sogar zu Übertraining führen.
Überfordern wir das ZNS nicht im Training, verkürzt das die Regenerationszeit, und wir können schneller den nächsten Trainingsreiz setzen. Das Motto lautet also: „Lieber öfter statt härter“. Hierdurch sind nach meiner Erfahrung größere Leistungssteigerungen möglich als durch ein Training bis zum totalen Muskelversagen in jedem Satz und der damit nötigen längeren Pause zwischen den einzelnen Trainingseinheiten.

Da die meisten meiner Athleten das Krafttraining nicht aus Selbstzweck betreiben, sondern um in ihrem Sport besser zu werden, sollten sie auch nach dem „Lift“ noch in der Lage sein, das Training ihrer Sportart ausüben zu können.

Meine Herangehensweise ist daher: Starte mit einem noch relativ leichten Gewicht und steigere das Gewicht von Satz zu Satz. Das sind zunächst unsere Warmupsätze. Wie viele Warmupsätze wir ausführen, hängt von der jeweiligen Übung ab. In der Regel sind das 1 – 3 Sätze. Nach dem Aufwärmen muss das Gewicht über der Schwelle von 70 – 90 % des maximalen Gewichts für die geforderten Wiederholungen liegen. Bei kompletten Anfängern reichen hier die 70 %. Bei bereits fortgeschrittenen Athleten gehe ich recht schnell an die 90 % als Startgewicht heran. Auch hier versuche ich das Gewicht von Satz zu Satz zu steigern.
Als Beispiel nehmen wir an, wir möchten drei Sätze Bankdrücken ausführen. Das maximale Gewicht, mit welchem wir sauber die geforderten Wiederholungen schaffen, liegt bei 100 kg. Dann würde ich den ersten Satz mit 90 kg beginnen, beim Zweiten auf 95 kg steigern und den letzten Satz mit 100 kg ausführen.

Wichtig ist mir hierbei, dass der Athlet das Gewicht so wählt, dass er die vorgegebenen Sätze und Wiederholungen sauber und ohne Hilfe bis zum Ende durchführen kann. Er sollte keine Wiederholung beginnen, wenn er bereits vorher das Gefühl hat diese nicht sauber zu Ende führen zu können.

Das bedeutet in keinster Weise, dass wir nicht schwer trainieren sollten. Wir müssen in unserer Trainingsplanung allerdings schlau vorgehen, um einerseits einen möglichst hohen Reiz auf unseren Körper zu setzen, ohne andererseits die nachfolgende Regeneration unnötig zu verlängern. Der hier beschriebene Ansatz hat sich nach meiner Erfahrung gut bewährt.
Training bis zum totalen Muskelversagen und erzwungene Wiederholungen können ab und an als Intensitätsmethode verwendet werden, sollten meiner Meinung nach allerdings nicht dauerhaft angewendet werden.

Eure Meinung und Erfahrungen hierzu interessieren mich ebenfalls. Gerne könnt ihr mir diese als Kommentar zukommen lassen.

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